Die diesjährige Hauptversammlung des Hegerings Oberndorf erfreute sich eines lebhaften Interesses. Mehr als 60 Jäger waren gekommen, um den Vortrag des bekannten Waldpoeten Simon Abeln zu hören.
Nach der feierlichen Begrüßung durch die Jagdhornbläser des Hegerings hob der Hegeringleiter die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Vereinsjahres hervor: die erneute Teilnahme des Hegerings am „Sommerspaß“ der Stadt Oberndorf. Kinder begleiteten die Jäger zum Morgenansitz, zwei exclusive Schießtermine für den Hegering im Jägerloch, das Anschießender Waffen vor der Bockjagd unter sachkundiger Aufsicht der Mitglieder Axel Kopf und Hans-Peter Frankl in Vöhringer Schützenhaus, sowie ein erfolgreicher Arbeitstag mit den Jagdhunden in Feld und Flur und am Wasser.
Die nachfolgende Totenehrung würdig begleitet durch die Jagdhörner erinnerte an langjährige, geschätzte Mitglieder.
Der Referent des Abends, Simon Abeln, stellte an den Anfang seines Thema „Jagd im-Spannungsfeld zwischen Klimawandel und KI“, den allseits bekannten Begriff der „Waidgerechtigkeit“. Darunter dürfte kein starres Wertesystem gesehen werden. Vielmehr sei es im Kontext der jeweiligen Zeit und der zur Verfügung stehenden Technik zu betrachten.
Zu Zeiten, in denen die Mehrzahl der Jäger das Wild mit Kimme und Korn erlegten, wurde der Einsatz von Zielfernrohren und Rotlichttechnik skeptisch beäugt; heute ist der Einsatz dieser Zielinstrumente unumstrittener Standard.
War der Einsatz von Schalldämpfern noch 2015 bei Strafe verboten, ist er heute nicht mehr wegzudenken. Eine Technik zu deren Einführung der Oberndorfer Hegeringleiter Klaus Haischer mit einem Musterprozess gegen das Land Baden-Württemberg, den er vor dem Verwaltungsgericht in Freiburg gewonnen hatte, wesentlich beigetragen hatte.
Abeln wies darauf hin, dass schon heute ein gewichtiges Kriterium für die moderne Jagd der hohe Stellenwert des Waldes als Wirtschaftsfaktor sei. So sei es in der Bayrischen Landesverfassung festgehalten, dass der Grundsatz zu gelten habe: „Wald vor Wild“. Diesen Konflikt auf dem Rücken des Wildes, der Reduktion des Wildes als Schädling zu reduzieren, hält Abeln für ethisch nicht haltbar. In Baden-Württemberg seien sich die Mehrheit von Forstleuten und Jäger einig, dass es gelte die Balance zu halten „Wald und Wild“.
Problematisch könnte eine neuen Generation von Jungjägern sein, die anders sozialisiert wird, als bisher üblich. Früher nahmen erfahrene Jäger die Jungjäger an die Hand und wiesen diese nach und nach in das Waidwerk ein. Das bedeutet keinesfalls, dass die Jäger früher „besser“ waren oder alles richtig gemacht hatten, mitnichten.
Heutzutage finde nicht mehr jeder Jungjäger ein Lehrrevier mit einem erfahrenem Pächter, weil die Zahl der Jagdscheinabsolventen ständig zunimmt.
Sammeln diese Jungjäger ihre ersten Erfahrungen auf Treibjagden, bei denen das Erlegen und das „Strecke machen“ im Vordergrund steht, verleitet sie dieser schnelle Erfolg auch bei der Ansitzjagd zu weniger Sorgfalt.
Junge Jäger als „Digital Natives“ setzen technische Neuerungen wie Nachtsichttechniken, Wärmebildkameras oder Drohnen in einem weit höheren Maß ein als es für die vorige Generation galt, schlicht weil diese Generation damit aufgewachsen ist und diese Technik beherrscht.
Auch das gilt es keinesfalls von vorneherein zu verurteilen, es zeigt lediglich einmal mehr, dass der Begriff der „Waidgerechtigkeit“ ständig neu formuliert werden muss.
Die Industrie stellt immer ausgefeiltere Technik zur Verfügung. So findet sich bereits ein Fernglas am Markt, welche bei der Beobachtung von Vögeln deren Namen anzeigt und so bei der Bestimmung hilft! Fraglos wird sich diese Technik weiterentwickeln und eines Tages werden vermutlich Algorithmen auch das Ansprechen des Wildes erlauben. Ist das kein faires Jagen mehr, weil der Mensch immer stärker seine technische Fertigkeit zur Erhöhung der Chancen für den Jagderfolg einsetzt ? Oder ist es waidgerecht, weil es (noch) seltener zu Fehlschüssen kommt und damit Tierleid zu verhindern hilft ?
Simon Abeln gab keine Antworten, er wolle mit seinen Analysen dazu beitragen nachzudenken, was Jäger verantworten können und wollen. Die Entscheidung habe jeder im Rahmen bestehender Gesetze selbst zu treffen.
Kein Nachdenken, so der Hegeringleiter in der anschließenden lebhaften Diskussion, könne es beim Einsatz moderner Technik zur Kitzrettung. Die Rettung der Kitze vor dem Mähtod“ eine gesetzliche Verpflichtung der Landwirte, sei von der Jägerschaft als ethische Verantwortung angenommen.
Der Hegering hat deshalb mit Unterstützung der Kreisjägerschaft eine eigene Drohne angeschafft, die auch mit Spenden finanziert wurde.
Wer Drohnenpilot werden will, muss nicht Jäger sein. Er sollte aber bereit sein, Ende Juni / Anfang Juli an wenigen Morgen ab 04.00 mit anderen Helfern die zur Mahd anstehenden Felder abzufliegen.
Um dieses Frühjahr möglichst viele Kitze retten zu können, lädt der Hegering zu einer Schulung samt Prüfung am Sonntag, den 14. April ein. Die Jäger hoffen auf eine rege Teilnahme von Landwirten. Anmeldungen an den Hegering sollten vor dem 4. April per E-mail an oberndorf(at)haischer.de geschickt werden.